DW -- Ramstein - US-Militärbasis in Deutschland
Für Beratungen zur Unterstützung der Ukraine hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auf die Militärbasis Ramstein eingeladen. Was ist das für ein Ort und was hat das Bundesverfassungsgericht damit zu tun?
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Für manche sind es die USA im Taschenformat, für andere ist es der Dreh- und Angelpunkt des weltweiten US-amerikanischen Drohnenkriegs. Seit Jahren polarisiert der Militärstützpunkt Ramstein in Deutschland.
Am Dienstag hatte US-Verteidigungsminister Llyod Austin Vertreter von 40 Staaten auf die Ramstein Air Base in Deutschland eingeladen, um über den Krieg in der Ukraine zu beraten. Deutschland sagte im Rahmen des Treffens zu, schwere Waffen an Kiew zu liefern. Was sollte man über Ramstein wissen?
Seit dem Ende des zweiten Weltkriegs gehören an vielen Orten in Deutschland US-Truppen zum Stadtbild. Der Standort Ramstein ist einer von über 20 US-Militärbasen in der Bundesrepublik, gilt jedoch als wichtigster europäischer Stützpunkt für den Lufttransport der US-Streitkräfte. Auch Streitkräfte anderer Staaten haben Truppen in Deutschland stationiert.
Im Zweiten Weltkrieg nutzte die deutsche Luftwaffe ein Stück der Reichsautobahn zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern für Notlandungen. US-Truppen nahmen den Behelfsflugplatz in der Nähe zu Frankreich gegen Kriegsende ein und bauten die Stelle ab 1951 zu einer Militärbasis aus. Seit 1954 regelt ein völkerrechtlicher Vertrag den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland.
Little America
Als Transportflugplatz dient die Ramstein Air Base heute als Logistikdrehkreuz für die US-Streitkräfte. Bei der Evakuierung aus Afghanistan im Sommer 2021 wurden etwa 7000 Menschen nach Ramstein ausgeflogen. Neben dem Flugplatz sind auch Hauptquartiere der US Air Force in Europa und Afrika sowie weitere Koordinierungsstellen auf dem Stützpunkt untergebracht.
Die Militärbasis im Südwesten Deutschlands misst 14 Quadratkilometer und beschäftigt über 9000 US-Soldatinnen und Soldaten. In der Region sind etliche weitere Kasernen, Munitionsdepots und medizinische Einrichtungen angesiedelt, mit dem Landstuhl Regional Medical Center auch das größte Lazarett der US Army außerhalb der USA.
Die Gegend bildet somit die “Kaiserslautern Military Community”. Dort leben nach US-Angaben etwa 53.000 US-Amerikaner, die in eigenen Shopping-Malls, High Schools und Bowlingbahnen in einem Little America leben können. Die Community ist damit auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: als größter Arbeitgeber in der Region und mit einem erheblichen Beitrag zum lokalen Wirtschaftswachstum.
Offiziell gilt deutsches Recht, aber mit Einschränkungen
In den vergangenen Jahren entbrannte in Deutschland eine Diskussion über die rechtliche Stellung von Ramstein. Ausländische Militärliegenschaften gelten in Deutschland nicht als extraterritoriales Gebiet. Somit gilt dort eigentlich deutsches Recht.
Aber das US-Militär genießt eine gewisse Immunität und Sonderrechte: Deutsche Behörden dürfen nur mit US-amerikanischer Erlaubnis auf die Basis und die USA üben selbst Strafgerichtsbarkeit bei Vergehen auf dem Stützpunkt aus.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam 2017 zum Schluss, dass “eine Sanktionierung von Straftaten, welche möglicherweise auf dem Stützpunkt Ramstein begangen werden könnten, durch deutsche Behörden schwierig” sei. Eine einseitige Kündigung der Stationierung durch die Bundesrepublik sei zwar rechtlich möglich, jedoch “politisch nicht gangbar”, so der Bericht.
Drohnenkrieg von Deutschland aus?
Tatsächlich gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Bestrebungen deutscher Behörden genauer auszuleuchten, was in Ramstein passiert. Offiziell erklärten Regierungsvertreter lange Jahre, dazu lägen ihnen keine Erkenntnisse vor.
Seit 2013 berichten Medien in Deutschland immer wieder darüber, welche Rolle die Ramstein Airbase im weltweiten Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten spielt.
Zwischen 2004 und 2020 kamen bei über 14.000 US-Drohnenangriffen zwischen 910 und 2200 Zivilisten ums Leben, das berichtete das Bureau of Investigative Journalism in London. Das US-Militär hat mit Drohnen Ziele in Irak, Afghanistan, Jemen, Pakistan und Somalia angegriffen.
Der frühere US-Drohnenpilot Brandon Bryant sagte 2015 vor dem NSA-Untersuchungsauschuss des Deutschen Bundestags aus, Ramstein sei “die zentrale Relaisstation” für die Tötungsmissionen gewesen: Die über einem Einsatzgebiet kreisenden Drohnen kommunizierten via Satelliten mit dem Stützpunkt in Deutschland. Dort werde das Signal verstärkt und per Glasfaserkabel in die USA geschickt. Von Endpunkten in den USA aus würden Ziele markiert und tödliche Raketen oder Drohnen ausgelöst.
Im Jahr 2016 räumt die US-Regierung ein, dass Ramstein nicht nur zur Weitergabe der Daten verwendet wird: Militärs und Geheimdienstmitarbeiter auf dem Stützpunkt in Deutschland wirkten auch bei der Planung, Überwachung und Auswertung von Angriffen mit.
Klage von jemenitischen Überlebenden
Jemenitische Überlebende eines Drohnenangriffs hatten 2014 gegen die Bundesregierung geklagt. Sie forderten die Bundesrepublik auf sicherzustellen, dass deutsches Bundesgebiet nicht für völkerrechtswidrige Angriffe genutzt werde. Die drei Männer aus dem Jemen hatten 2012 bei einem Angriff Angehörige verloren.
2019 hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass die Bundesrepublik sich vergewissern müsse, ob die Vereinigten Staaten die Ramstein Air Base im Einklang mit dem Völkerrecht nutzen.
Das Verteidigungsministerium legte jedoch Revision gegen das Urteil ein und das Bundesverwaltungsgericht kassierte die Entscheidung aus Münster ein Jahr später. Es reiche nicht aus, dass Ramstein technisch das Drohnenprogramm ermögliche. Auf deutschem Boden müssten konkrete Entscheidungen getroffen werden, so das Gericht.
Im Jahr 2021 legten die jemenitischen Kläger, unterstützt durch das European Center for Constitutional and Human Rights, Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein, dem höchsten deutschen Gericht. Sie pochen darauf, dass die Bundesrepublik völkerrechtswidrige Handlungen auf deutschem Territorium unterbinden muss.